Musealverein durchleuchtet Schloss Polheim und digitalisiert das römische Wels
Allgemeines zum JahrbuchâŠ
Das 39. Jahrbuch enthĂ€lt auf 328 Seiten neben dem Berichtsteil einen umfangreichen wissenschaftlichen Teil. Darin bilden kunst- und baugeschichtliche sowie historische Aspekte des Schlosses Polheim einen â reich mit Bild- und Kartenmaterial ausgestatteten â Schwerpunkt. DarĂŒber hinaus erstellten die ArchĂ€ologinnen Museumsdirektorin Dr. Renate Miglbauer, Mag. Michaela Greisinger und MMag. Magdalena Waser aus Wels sowie Dipl.-Ing. Mag. Petra Mayrhofer aus Linz die Grundlagen fĂŒr den digitalen Stadtplan des römischen Ovilava.
Dr. Hans Krawarik (Wien) und Vereinsobmann Dr. Walter Aspernig setzen mit âLocus Sippach und Locus Leombachâ beziehungsweise âKatzbach im Norden von Welsâ ihre siedlungsgeschichtlichen Arbeiten fort, und Mag. Michael Kitzmantel vom Welser Stadtarchiv stellt den 1. Mai 1890 in Wels vor. Als Redaktionsteam fungierten Dr. Walter Aspernig, Konsulent GĂŒnter Kalliauer und Dr. Roland Wamser, die Gestaltung und grafische Ausstattung des Bandes ĂŒbernahm Mag. Erwin Krump. Das Jahrbuch wurde den Vereinsmitgliedern gratis zugestellt. Interessierte bekommen es im Stadtarchiv (Maria-Theresia-StraĂe 33) sowie beim Musealverein direkt (zuzĂŒglich PostgebĂŒhren) um 25 Euro.
âŠund zum Urkundenbuch
Das Urkundenbuch Wels II beinhaltet auf 383 Seiten nach Einleitung, EditionsgrundsĂ€tzen, Quellen- und Literaturverzeichnis sowie der Angabe von WörterbĂŒchern, Lexika und anderen Hilfsmittel 492 Urkunden und Regesten (Zusammenfassungen des rechtsrelevanten Inhaltes der Urkunde) der Jahre 1451 bis 1500 aus dem Stadtarchiv und dem Stadtpfarrarchiv. Der Preis betrĂ€gt â wie auch fĂŒr den 2012 erschienenen und von 1400 bis 1450 reichenden Band Wels I â fĂŒr Vereinsmitglieder 30 Euro und fĂŒr Nicht-Mitglieder 50 Euro. Das Werk ist im Stadtarchiv (Maria-Theresia-StraĂe 33) sowie im Welser Buchhandel erhĂ€ltlich.â
Schloss Polheim im Lauf der Jahrhunderte
Die Wiener Kunsthistorikerin Dr. Margareta Vyoral-Tschapka hat sich im Jahrbuch mit der Bearbeitung und Darstellung des Schlosses Polheim einer besonders schwierigen Aufgabe gestellt: Sie untersuchte, beschrieb und rekonstruierte die Stadtburg der Polheimer â deren Entstehung mit der Stadtwerdung von Wels in der ersten HĂ€lfte des 13. Jahrhunderts eng verknĂŒpft ist â auf 90 Seiten unter Zuhilfenahme von Karten und PlĂ€nen und zahlreichen Abbildungen.
Der Kern der mittelalterlichen Stadtburg des 13. Jahrhunderts befand sich der Stadt gegenĂŒber im SĂŒden des von einer Mauer umschlossenen âbefreitenâ Burgareals â daher auch der Name âFreiungâ fĂŒr den StraĂenzug. Durch den Kauf der beiden âauswĂ€rtigenâ Burganteile in den 1530er Jahren konnte mit dem Um- und Neubau im Renaissancestil begonnen werden (Saaltrakt und Treppenturm im Norden). Von der mittelalterlichen Burg sind heute die massive Nordwestecke (zugleich jene der mittelalterlichen Stadt) und die Burgkapelle des Heiligen Paulus erhalten. 1695 kaufte die Stadt Wels das Schloss. Durch wirtschaftsorientierte Nutzung trat anschlieĂend eine âVerbĂŒrgerlichungâ des ehemaligen Hochadelssitzes ein.
Heute umfasst das Schloss Polheim die Hauseinheiten Freiung 12, 14, 16 und 18 sowie PollheimerstraĂe 14 und 16. Das ist jedoch nur ein relativ kleiner Rest der frĂŒheren maximalen Ausdehnung: Der gesamte GebĂ€udekomplex war rund drei Mal so groĂ wie heute, alleine zwei Drittel des heutigen Parks Freiung waren mit dem geschlossenen Burgtrakt verbaut und die direkt an die Burgmauer angebauten Wirtschafts- und Nebentrakte reichten bis zum ehemaligen Areal eines Heimtextilien-HĂ€ndlers zwischen der PlobergerstraĂe und der Freiung.
Die Autorin hĂ€lt fest, dass auch heute noch âjeder einzelne Trakt durchaus âherrschaftlichenâ Charakter und ein historisches Erscheinungsbild besitzt, und dies trotz der verĂ€ndernden Eingriffe der letzten 40 Jahre (âŠ).â Erste Sanierungen fanden freilich bereits in den frĂŒhen 1950er Jahren statt, gefolgt von den spĂ€ten 1970er- sowie den 2010er-Jahren. 2011 hatte die Stadt Wels den Teil Freiung 16 an eine Immobiliengesellschaft verkauft, die den Trakt daraufhin fĂŒr hochwertige Wohnzwecke adaptierte. Zuvor war dort ein Jahrhundert lang die â bis 1980 stĂ€dtische â Landesmusikschule untergebracht gewesen. Weiters wurden beziehungsweise werden die Trakte des Schlosses als BĂŒro-, Appartement- und GeschĂ€ftshaus sowie auch gastronomisch genutzt.
Fazit: Anhand der erhaltenen PlÀne und Abbildungen gelang es Dr. Vyoral-Tschapka, ein fundiertes Gesamtbild des komplexen und komplizierten Burgareals wiederherzustellen. Und das trotz des Verlustes eines bedeutenden Teiles der ehemaligen Bausubstanz, der vielen Um- und Einbauten, der Besitzaufsplitterung und des oftmaligen Besitzerwechsels oder der versÀumten Erhaltung der einst in der Burgkapelle vorhandenen Fresken.
In einem eigenen Beitrag hat Dr. Judith Schöbel, ebenfalls Kunsthistorikerin in Wien, das romanische Portal der Schlosskapelle untersucht und rekonstruiert. ErgĂ€nzt wurden diese Studien durch die kommentierte Veröffentlichung eines leider untergegangenen heraldischen Kunstwerks durch Dr. Walter Aspernig: Eine gemalte Wappenwand am oder im Schloss Polheim vom Jahre 1522 mit den Namen und Wappenskizzen von elf Herren- und 136 Rittergeschlechtern.â
Digitaler Ovilava-Plan
Einen lang gehegter Wunsch der archĂ€ologischen Forschung ist nun erfĂŒllt: Wels hat nun als vierte österreichische Stadt nach Wien, Bregenz und Salzburg einen digitalen römischen Stadtplan! Am Beginn des Projekts stand eine grĂŒndliche Recherche mit dem Ziel einer Auflistung aller archĂ€ologischen Grabungen beziehungsweise Beobachtungen in Wels. Diese Liste von mehr als 500 römerzeitlichen Fundstellen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist im Jahrbuch enthalten.
Der mit dem Programm AutoCAD erstellte digitale Stadtplan erlaubt dem Nutzer, unterschiedliche Ansichten ein- und auszublenden. Er umfasst eine groĂe Anzahl an römerzeitlichen baulichen Befunden und Fundstellen, die das wahre AusmaĂ der römischen Handelsstadt Ovilava deutlich machen. Offene Fragen zur Struktur und Infrastruktur â wie zum Beispiel antike StraĂenverlĂ€ufe, GrĂ€berfelder, AusmaĂe von GebĂ€uden und HĂ€userfluchten â können damit beantwortet werden.
Der Ăberblick ĂŒber alle Fundstellen soll auch eine Hilfe fĂŒr anstehende Bauprojekte beziehungsweise zukĂŒnftige archĂ€ologische Grabungen sein. Alle folgenden Grabungsergebnisse der nĂ€chsten Jahre werden eingetragen, um so das Bild ĂŒber die antike Vergangenheit von Wels zu vervollstĂ€ndigen. Eine Einbindung in den bestehenden digitalen Stadtplan der Stadt Wels unter wels.map2web.eu (auch auf der Startseite von www.wels.gv.at verlinkt) ist vorgesehen.
Details zum Urkundenbuch Wels II
Die wichtigste Grundlage fĂŒr historische Darstellungen bilden urkundliche Quellen. Daher sah das 1833 gegrĂŒndete Museum Francisco-Carolinum in Linz die Publikation chronologisch geordneter UrkundenbĂ€nde fĂŒr Ăsterreich ob der Enns als eine seiner Hauptaufgaben. Bis 1956 erschienen elf BĂ€nde fĂŒr den Zeitraum bis 1399. Seit 2004 gibt es eine WeiterfĂŒhrung in geĂ€nderter Form: Da die Zahl der Urkunden im 15. Jahrhundert stark ansteigt und Quellen in vielen in- und auslĂ€ndischen Archiven vorhanden sind, wurde die Bearbeitung auf einzelne Archivkörper oder Archive einer Stadt oder Region bezogen.
Den âMusterbandâ nach den neuen EditionsgrundsĂ€tzen verfasste Dr. Walter Aspernig: Das erste Urkundenbuch der neuen Reihe â Band Wels I (1400-1450) â erschien 2012 als zwölfter Band der Gesamtreihe. Diese fand heuer mit dem Band Wels II (1451-1500) seine Fortsetzung: Band 13 der Gesamtreihe enthĂ€lt 492 urkundliche Nachrichten â meist zur Geschichte von Wels, aber auch solche zur allgemeinen Landesgeschichte â im Volltext oder als Regesten mit einer Zusammenfassung des relevanten Inhalts.
Band Wels III ist bereits in Arbeit: Es soll neben NachtrĂ€gen auch ein Gesamtregister (das als Namensregister auch die Orts- und Flurnamen identifiziert, wo das möglich ist) und ein Wortregister samt ErlĂ€uterung von Sachen und Rechtsbegriffen enthalten. Als Berater und Lektor begleitet ĂŒbrigens Prof. Dr. Herwig Weigl (UniversitĂ€t Wien, Institut fĂŒr Ăsterreichische Geschichtsforschung) die Erstellung der neuen BĂ€nde des Urkundenbuches. Als Oberösterreicher und Spezialist fĂŒr mittelalterliche Quellen ist er dafĂŒr prĂ€destiniert!â
Zum Verein
Der Musealverein Wels widmet sich
âą der Erforschung der Geschichte, Kultur und Naturkunde von Wels und der Umgebung,
âą der Herausgabe von periodisch erscheinenden Publikationen,
âą der Mitarbeit im Rahmen der Stadtbildpflege und des Denkmalschutzes,
⹠der Förderung der Welser Museen und Archive,
âą der Pflege der Kontakte und dem Austausch der Publikationen mit anderen wissenschaftlichen Vereinen und Institutionen im In- und im Ausland.
Der Musealverein Wels bietet seinen Mitgliedern folgende Leistungen:
⹠Kostenlosen Bezug des Jahrbuches (BeitrÀge zur Geschichte, ArchÀologie, Kulturgeschichte und Naturkunde von Wels und seiner Umgebung),
âą begĂŒnstigte Teilnahme an FĂŒhrungen und VortrĂ€gen,
âą ermĂ€Ăigten Bezug der Sonderpublikationen des Musealvereins,
âą Informationen ĂŒber AktivitĂ€ten im Bereich der Stadtgeschichte, ArchĂ€ologie und Denkmalpflege sowie
âą Beratungen und Hilfestellungen bei eigenen Nachforschungen.
Weitere Informationen gibt es unter www.musealverein-wels.at im Internet.
Zitate
BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl: âDas Schloss Polheim ist fĂŒr Wels von unschĂ€tzbarem historischen Wert. Das 39. Jahrbuch zeigt deutlich, wie eng dieses GebĂ€ude mit unserer Stadt verbunden ist. Besonders freut es mich, dass auch wir endlich einen digitalen römischen Stadtplan haben, der das wahre AusmaĂ der römischen Handelsstadt Ovilava deutlich macht. Ich gratuliere allen Beteiligten, die an diesem Band mitgewirkt haben.â
Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer, MBA: âDie regelmĂ€Ăigen Publikationen des Musealvereins Wels sind eine gute Grundlage, um den Wert des kulturellen Erbes unserer Stadt sichtbar zu machen und so mehr Bewusstsein fĂŒr dessen Erhalt zu schaffen.â
Obmann Hofrat Dr. Walter Aspernig: âWenn auch der Name âMusealverein Welsâ etwas angestaubt und âhistorischâ klingt, so sind wir mit unseren Publikationen doch auf Augenhöhe mit der universitĂ€ren Wissenschaft!â
Bildext Gruppenbild:
V.r. BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl, Hofrat Dr. Walter Aspernig, Dr. Renate Miglbauer und Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer, MBA.
Bildhinweise: Stadt Wels (Gruppenbild), Landesarchiv Oberösterreich (Schloss Polheim) beziehungsweise Privat (Ovilava). Bei Nennung Abdruck jeweils honorarfrei.